Für den Lebensweg gibt es viele Metaphern: Reisen, Bergbesteigungen, Irrfahrten. Als großer Fan von Odysseus, Theseus und der Heldenreise des Joseph Campbell ist für mich die Metapher der Fahrt auf einem Schiff die reizvollste. In diesem kurzen Essay beschreibe ich einige Konzepte, die ich für meine persönliche Fahrt auf dem Schiff verwende.
Ein Schiff im Hafen ist sicher – doch dafür werden Schiffe nicht gebaut!
1. Der Kapitän
In the old days, the captain was expected to go down with the ship. If the ship was sinking, then literally the last person to get off was the captain. Accountability does come with real risks, but we’re talking about a business context.
—Naval Ravikant, The Almanack of Naval Ravikant: A Guide to Wealth and Happiness
Ein jedes Schiff benötigt einen Kapitän. Der Kapitän auf seinem ganz persönlichen Schiff – das ist man selbst. Als Kapitän hat man die volle Verantwortung für den Erfolg der Reise. Das gilt ebenso für das eigene Leben. Man muss das Steuer fest in der Hand halten, den Weg kennen.
2. Der Kompass (Leitstern)
If one does not know to which port one is sailing, no wind is favorable.
—Seneca
Zur Navigation nutzt der Kapitän ein verlässliches Gerät: einen Kompass. Dieser zeigt immer zum wahren Norden – dem Leitstern. Dieser weist in Zeiten des Zweifels den Weg. Und auch wenn das Schiff in die falsche Richtung treibt – der Leitstern weist stets den Weg zurück zum eigentlichen Ziel. Der Kapitän darf den Kompass nie vergessen, denn so wird er immer wieder den Weg hin zum Leitstern geleitet wissen.
2. Die Karte
Die Karte des Kapitäns steht für das Wissen über die Umgebung, in der das Schiff manövriert wird. Ohne Karte weist der Kompass zwar in eine Richtung, aber der genaue Weg bleibt diffus. Es braucht eine Vorstellung davon, wie die Welt aussieht. Und genau hierfür bedarf es der Karte.
Wie bei allen Karten spiegelt auch die Karte des Kapitäns die Realität nur in Teilen genau wider. Sie ist nur ein Modell der Welt, nicht aber die Welt an sich. Deshalb bedenke: Die Karte ist nicht das Gebiet. Aufgabe des Kapitäns ist es, die Karte fortwährend zu ergänzen, zu korrigieren. Nur so kann mithilfe des Kompasses und des Ausgucks der Weg hin zum Leitstern gelingen.
3. Der Ausguck
Neben der Karte muss der Kapitän die direkte Umgebung des Schiffes kennen. Dafür gibt es den Ausguck. Aus dem Krähennest heraus ist die unmittelbare Umgebung ersichtlich. In unsicheren Zeiten voller Nebel muss der Kapitän auf Sicht fahren.
Das gilt auch für das eigene Leben. Manchmal müssen wir den Ausguck nutzen, um einen Blick auf die unmittelbare Umgebung unseres Lebens zu werfen. Wo befinden wir uns gerade? In welche Richtung treibt die Strömung? Was zeigt sich am Horizont?
4. Die Schatzinsel(n)
Oft ermöglicht der Blick vom Ausguck Opportunitäten, die sonst nicht ersichtlich sind. Eine der schönsten Möglichkeiten sind Schatzinseln, die sich dem Kapitän offenbaren. Sie zu erspähen ist das eine – den Schatz zu heben, das andere. Opportunitäten müssen aktiv genutzt werden. Ein bekanntes Zitat besagt:
Luck is what happens when preparation meets opportunity
—Seneca zugeschrieben
5. Die Seeungeheuer und Stürme
Neben Schätzen gibt es immer aber auch Gefahren, denen das Schiff des Kapitäns ausgesetzt ist. Das können Seeungeheuer unterschiedlicher Natur sein, oder Stürme, die das Schiff in Gefahr bringen.
Manchmal ist es nur der einsame Hai, der im Wasser schwimmt (Anmerkung: in Wirklichkeit sind Haie gar nicht so gefährlich). Dieser wird nur gefährlich, wenn der Kapitän zur Abkühlung einen Sprung ins Wasser wagt. Manchmal gibt es aber auch Seeungeheuer, die gegen das Schiff selbst einen Kampf wagen – dann muss der Kapitän seine Kräfte bündeln, und das Seeungeheuer besiegen.
Stürmen und Unwetter gilt es zu umfahren. Der Ausguck hilft dabei, Stürme, die am Horizont aufziehen, aufzuspüren und diesen auszuweichen. Oder aber man wappnet sich gegen den Sturm – auch dies ist möglich.